Stefan und Hannes Theurl
Die Cousins und Geschäftsführer im Interview
Seit den 90er Jahren führen Hannes und Stefan das Familienunternehmen THEURL. Dank gezielter und vorausschauender Investitionen in die Zukunft konnten die Cousins das ehemalige Sägewerk zu einem holzverarbeitenden Industrieunternehmen entwickeln.
Was haben euch eure Väter mit auf den Weg gegeben?
STEFAN: Unsere Väter haben in der Holzbaubranche noch schwierigere Zeiten erlebt als wir heute. Handschlagqualität, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit haben aber schon damals gezählt.
HANNES: Der Aufbau der Firma aus dem Nichts nach dem Krieg unter enormem Einsatz und auch großem Verzicht sowie der unbändige Wille, das Unternehmen immer weiter voranzubringen – das zeichnet die vorhergehende Generation an THEURLS aus.

Warum ist Peter Theurl in euren Augen damals ein solches Risiko eingegangen?
STEFAN: Peter war der drittälteste Sohn und hat sein Geld mit dem Holzen verdient. Als er sich im Zuge der Geldentwertung mit seinem Ersparten anstelle des ersehnten Hofes nur einen blauen Schurz kaufen konnte, hat er nicht aufgegeben, sondern wieder von vorne angefangen und 1932 die Gelegenheit beim Schopf gepackt, den zur Versteigerung stehenden Weilerhof in Assling zu kaufen. Zu unserem Glück gehörte zum Hof durch Zufall auch eine Säge. Wer weiß, was heute sonst wäre …
Wie schwierig waren damals die Verhältnisse?
STEFAN: Aus Erzählungen der Eltern und Großeltern wissen wir, dass die Holzarbeit sehr schwer und gefährlich war. Alles wurde händisch oder mit Hilfe von Pferdekraft erledigt. Das Holz wurde im Winter aus dem Wald geholt, weil die Rückearbeiten im Schnee etwas leichter zuwege gingen. Ich kann mich noch erinnern, wie der Opa erzählt hat, dass er und ein Knecht im Asslinger Tal einmal gerade noch vom Wagen springen konnten, bevor zwei Noriker mit der gesamten Holzladung abgestürzt sind. Da war nichts mehr zu retten. Wenn man sieht, wie einfach heute ein Festmeter Holz im Sägewerk ankommt, dann ist das natürlich kein Vergleich zu früher.
Die Geschichte von THEURL ist geprägt von technischen Innovationen – was waren die Meilensteine im Laufe der vergangenen 90 Jahre?
HANNES: Die ursprüngliche Venezianer-Säge stand noch ganz traditionell am Bach. Im nächsten Schritt hatten unsere Vorfahren einen Elektromotor zur Verfügung, um die Säge anstelle von Wasserkraft mit Energie aus dem nahegelegenen Kraftwerk anzutreiben. Richtig bergauf ging es aber erst in den 70er Jahren mit der Orientierung in Richtung Italien und dem Wiederaufbau nach den Kriegsjahren. Als einer der ersten Betriebe hat THEURL damals mit viel Eigeninitiative in eine künstliche Trocknungsanlage investiert. Damit haben sich unsere Lieferzeiten drastisch verkürzt, denn wir hatten das gewünschte Holz immer schnell auf Lager. Damals das Maß der Dinge. Diese technische Vorreiterrolle scheint demnach in unserer DNA zu stecken.
Wie haben eure Väter die Sprachbarriere in Richtung Italien überwunden?
STEFAN: Speziell in der österreichischen Holzindustrie war es früher üblich, dass man als Werk die gesamte Holzproduktion an einen Händler verkauft hat, der dann die Ware auf dem Markt verteilt hat. Unsere Vorgänger wollten sich aus dieser Abhängigkeit lösen. Also ist mein Vater selbst nach Florenz gegangen, hat italienisch gelernt und begonnen, das Holz direkt vor Ort zu verkaufen. Das war zu Anfang natürlich nicht leicht, den Namen THEURL hat damals ja niemand gekannt. Aber das Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt und heute haben wir es sicherlich wesentlich leichter, die entsprechenden Produkte an den Mann zu bringen.
Ab wann war klar, dass ihr in das Familienunternehmen einsteigen möchtet?
STEFAN: Für mich war das schon zu meiner Schulzeit klar. Die Branche und die Technik haben mich immer fasziniert und ich wusste schnell, dass ich einmal in die Fußstapfen meines Vaters treten möchte.
HANNES: Wir waren dazumal acht Kinder, sodass es nicht unbedingt von Anfang an klar war, ob ich einen Platz in der Firma finden würde. Dank dem mangelnden Interesse der Geschwister und trotz meiner technischen Ausbildung bin dann aber doch ich ins Unternehmen eingestiegen. Letztlich ließen sich meine Kenntnisse und Fähigkeiten gut mit der Entwicklung von THEURL verbinden, ich bin regelrecht in die Firma hineingewachsen und kümmere mich mittlerweile auch um die wirtschaftlichen Belange. Nach wie vor bin ich froh, dass ich Unternehmer geworden bin.

Stefan Theurl, Geschäftsführer
"Als Familienbetrieb war es uns schon immer sehr wichtig, nahe am Alltagsgeschäft und den Mitarbeitern zu sein. Wir sind alle per Du und jeder ist in unserem Büro herzlich willkommen. Mit wachsender Größe wird es natürlich schwieriger, Schritt zu halten, aber noch kennt man sich."
Was waren die ersten Aufgaben im Unternehmen?
STEFAN: Ich war von Anfang an im Verkauf tätig. Nach dem Neubau und Ausbau des Hobelwerks konnte die Produktion gesteigert werden – die Aufgabe, den Output zu verkaufen, fiel schließlich mir zu. Zu Beginn schien es mir ein Ding der Unmöglichkeit, die gewünschte Menge von 25 bis 30 LKW-Zügen mit Brettern pro Woche loszuwerden. Heute verkaufen wir diese Menge an einem Tag. An dieser Herausforderung bin ich also gewachsen.
HANNES: Nach der Installation der neuen Einschnitttechnik habe ich mich erst einmal mehrere Monate damit befasst, die Anlage zum Laufen zu bekommen. Anschließend wollte ich meinen Platz in der Firma finden und mir meine Sporen verdienen. Technisch war ich natürlich fit, aber von der Holzwirtschaft hatte ich zunächst kaum Ahnung. Also habe ich mich entschlossen, nach Italien zu gehen, um mich richtig einzuarbeiten und an meinen Sprachkenntnissen zu feilen. Nach meiner Rückkehr habe ich mich dann in den verschiedenen Bereichen engagiert und konnte letztlich beweisen, dass ich gemacht bin für das Business.
Wie habt ihr die strategische Ausrichtung von THEURL entwickelt?
STEFAN: Die Entscheidungen, wie sich das Unternehmen weiterentwickeln soll, haben wir oft aus dem Bauch heraus getroffen. Zu Beginn wollten wir unser Sägewerk ausbauen, um hochmoderne Holzbauprodukte fertigen zu können. Dazu kam dann das BSH-Werk – eine enorme Investition, die sich bis heute auszahlt und uns als verlässlichen und kompetenten Partner für Holzbau am Markt positioniert hat. Das neue CLT-Werk war dann der logische nächste Schritt. Wir können heute mit Stolz sagen, dass wir drei topmoderne Werke mit tollen Arbeitsplätzen haben.
Was ist euer persönlicher Meilenstein?
STEFAN: Für mich war die Eröffnung unseres Leimbinder-Werks 2006 ein echter Schritt heraus aus der eigenen Komfortzone und in Richtung Zukunft. Anstelle der üblichen Standardware haben wir von Anfang an auf die individuelle Produktion nach Maß gesetzt. Zu Beginn eine große Herausforderung – auch aus technischer Sicht. Inbetriebnahme und Verkaufsorganisation waren nicht ganz leicht, dafür funktioniert das Segment mit unseren BSH-Produkten mittlerweile hervorragend.
In Zeiten von Corona – was macht THEURL so stabil?
STEFAN: Bereits im Zuge der Wirtschaftskrise 2007 haben wir das Unternehmen neu positioniert. Das hat uns auch während der vergangenen zwei Jahre geholfen. Zum Glück durften wir einen soliden Betrieb von den Eltern übernehmen, sodass wir die Zeit damals nutzen konnten, um die Firma auszubauen und in die Zukunft zu investieren. Das hat uns gestärkt.
Hat man als Unternehmer schlaflose Nächte?
HANNES: Ab und zu, klar, aber generell bin ich so gut strukturiert, dass ich die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen muss. Bei der Familie kann ich abschalten und komme zur Ruhe.
Wie wichtig ist die Technologie für das Unternehmen THEURL?
HANNES: Als ich ins Unternehmen kam, wurde mir schnell bewusst, dass wir als Anbieter in unserer Produktion einer unter vielen waren. Um uns von der Masse abheben zu können, haben wir auf die neuesten technologischen Möglichkeiten gesetzt. Das war damals der richtige Zeitpunkt und wir sind auf den Zug aufgesprungen. Also haben wir zuerst unser Sägewerk technisch aufgerüstet und 2006 dann mit unserem BSH-Werk einen damals völlig neuen Weg eingeschlagen. Service und Individualisierung statt Massenware vom Band. Zum Glück konnten wir kompetente Partner finden, die unsere Maschinen gemeinsam mit uns entwickelt haben. Wir waren letztlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das gilt auch für unser neues CLT-Werk aus dem Jahr 2019, bei dem wir uns wirklich aller momentan verfügbaren Technologien bedient haben. Mit der hundertprozentig auftragsbezogenen Produktion in höchster Qualität und unserem Servicepaket haben wir uns einen Namen machen können.
STEFAN: Mit unseren Investitionen haben wir nie auf den Standard gesetzt, wir wollten der Zeit immer mindestens einen Schritt voraus sein. Einige Maschinenhersteller haben die Chance gerne genutzt und die Herausforderung angenommen, gemeinsam etwas Herausragendes zu entwickeln. Der Erfolg unseres Unternehmens basiert also letztlich auch auf dem Engagement unserer Partner und dem Innovationsgeist unserer Mitarbeiter, die sich jeden Tag mit Ideen einbringen.

Hannes Theurl, Geschäftsführer
"Die Möglichkeit, etwas zu gestalten, bewirken und beeinflussen zu können. Das macht die Arbeit trotz aller Herausforderungen und Überraschungen sehr spannend."
Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit bei THEURL?
STEFAN: In Österreich schreibt das Forstgesetz seit jeher vor, dass mehr Holz nachwachsen muss, als aus dem Wald entnommen wird. Dadurch wachsen unsere Wälder stetig weiter, was unseren Rohstoff sehr nachhaltig macht. Zudem bindet Holz CO2. Das gilt allerdings nur, wenn das verarbeitete Produkt auch auf lange Sicht stehen bleibt, daher setzen wir auf Qualität für einen Baustoff, der die Zeiten überdauert.
HANNES: Auch wenn wir mit einem sehr nachhaltigen Rohprodukt arbeiten, benötigen unsere Maschinen und Gebäude dennoch Energie. Mit unserem eigenen Bioheizwerk können wir unsere Anlagen und die Ortschaft Thal zu 100 Prozent mit Wärme versorgen. Wir versuchen aber, unsere Bilanz dahingehend laufend zu optimieren – aus klimatischer wie wirtschaftlicher Sicht.
Wie wichtig ist für THEURL die Thematik der Regionalität?
STEFAN: Als Familienbetrieb war es uns schon immer sehr wichtig, nahe am Alltagsgeschäft und den Mitarbeitern zu sein. Wir sind alle per Du und jeder ist in unserem Büro herzlich willkommen. Mit wachsender Größe wird es natürlich schwieriger, Schritt zu halten, aber noch kennt man sich. Viele im Team THEURL kommen ohnehin aus der Umgebung aus uns bekannten Familien und so herrscht ein ganz spezielles Arbeitsklima an allen unseren Standorten.
Was unterscheidet THEURL von anderen Firmen?
STEFAN: Als wir gestartet haben, waren wir ein Betrieb unter vielen, jederzeit ersetzbar, also haben wir in Qualität und Service investiert. Das hebt uns von Mitbewerbern ab. Mittlerweile ist es schwierig, THEURL einfach zu ersetzen. Das nutzen wir allerdings keineswegs aus, vielmehr sehen wir darin einen Vorteil für beide Seiten.
HANNES: Wir haben eine sehr gute Mannschaft und lassen unseren Mitarbeitern viele Freiheiten, dadurch lebt das gesamte Team unsere Philosophie und ist fest mit dem Unternehmen verwachsen. Außerdem haben wir das Glück, dass wir uns in einer einmaligen Umgebung inmitten eines hochwertigen Rohstoffs befinden.
Wo soll die Reise hingehen?
STEFAN: Wir wollen uns noch stärker als Partner und Lieferant im Holzbau etablieren und unsere Produkte weiter veredeln. Die nachfolgende Generation steht bereits mit vielen guten Ideen in den Startlöchern, worüber wir sehr froh sind. Letztlich soll auch die vierte Generation eine Freude daran haben, das Unternehmen nachhaltig und langfristig weiterzuentwickeln.
Was ist eure persönliche Motivation?
HANNES: Die Möglichkeit, etwas zu gestalten, bewirken und beeinflussen zu können. Das macht die Arbeit trotz aller Herausforderungen und Überraschungen sehr spannend.
STEFAN: Wenn man am Ende des Tages sieht, was man geschaffen hat und dann noch den Spaß an der Sache genießen kann, dann bin ich zufrieden. Es wird nie langweilig, man kommt mit vielen Menschen zusammen – und das immer auf Augenhöhe – und so geraten auch kleinere und größere Probleme schnell wieder in Vergessenheit.
Ein Ratschlag eurer Väter?
STEFAN: Mein Vater hat mich bei jeder Investition bestärkt. Er war immer offen und vorausschauend und hat uns immer unterstützt.
HANNES: Eigentlich hat sich mein Vater mit Ratschlägen eher zurückgehalten und uns unser Ding machen lassen – auch, wenn er vielleicht nicht immer mit allen Entscheidungen einverstanden war. Im Nachhinein gesehen ist er aber doch stolz auf das, was wir erreicht haben.
Ein Blick in die Zukunft: die vierte Generation übernimmt – euer Ratschlag?
STEFAN: Am gleichen Strang ziehen, unterschiedliche Meinungen tolerieren und letztlich zum Wohle des Unternehmens handeln. Alles mit Ziel und Maß.
HANNES: Zusammenhalten und eine gemeinsame Vision entwickeln.
Euer bester Ausgleich?
STEFAN: Sich bewusst Zeit für Familie, Freunde und Sport nehmen.
HANNES: Das Wochenende ist für mich heilig und der Familie gewidmet. Abgesehen davon suche ich in der Freizeit sportliche Herausforderungen beim Bergsteigen und Radfahren.
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