Gerhard Hohenwarter
im Interview
Die Zeit der
kleinen Schritte
ist vorbei
Der Klimaexperte Gerhard Hohenwarter ist als Meteorologe bei der ZAMG im Kundenservice für Kärnten tätig und kennt sich bestens mit den Herausforderungen aus, die der Klimawandel für die Wälder und damit die Holzwirtschaft in der Region mit sich bringt. Er sagt: „Die Zeit der kleinen Schritte ist vorbei. Jede und jeder Einzelne wird in Zukunft die Siebenmeilenstiefel anziehen müssen, um den eigenen Konsum radikal zu reduzieren.“ Ob Energie, Produkte, Ressourcen oder Lebensmittel – Verzicht lautet das Gebot der Stunde.
Gerade die Wälder sind aussagekräftigen Gradmesser, wie es um unser Klima bestellt ist:
„Der Mensch hat die Monokultur in den letzten Jahrzehnten vorangetrieben. Als schnell nachwachsender und wirtschaftlich lohnender Baum, dominiert die Fichte mittlerweile unsere Waldgebiete. Das Problem: der Flachwurzler kann Herausforderungen wie Trockenheit, Stürmen oder Hitze nur schwer standhalten. Das haben Extremwettersituationen in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen.“ Dazu kommen Niederschlagsmengen, die im Winter oftmals ungleichmäßig verteilt niedergehen und sommerliche Starkregen, die von den ausgetrockneten Böden nicht mehr abgeführt werden können. Das Problem der Trockenheit und schwindender Grundwasserreservoirs kann somit zum massiven Problem werden. „Wenn wir es schaffen, in Zukunft wieder vermehrt Mischkulturen zu etablieren und durch Verzicht auf Kahlschlag auch eine Durchmischung an Altersstrukturen zu ermöglichen, kann die zu erwartende Diversität das gesamte System auf lange Sicht stärken“, sieht Hohenwarter die Lösung des Problems. Einzig: wer heute einen Baum pflanzt, kann nur hoffen, dass sich dieser in 30, 40 oder 50 Jahren noch – oder bis dahin – am Standort wohlfühlt.
Dennoch ist sich der Experte sicher: „Das Holz wird in unseren Breiten so schnell nicht knapp werden.“
Mit Blick auf die kommenden zehn Jahre seien keine großen Veränderungen der laufenden Entwicklung zu erwarten. Die Aufforstung läuft gut und es steht noch immer mehr Holz zur Verfügung, als tatsächlich benötigt wird. Damit das so bleibt, muss aber unbedingt bereits heute an morgen gedacht werden. Ein Beispiel: auch wenn die Baumgrenze de facto steigt, so tut sie das nicht nur aus klimatischen Gründen. Bedingt durch die Almwirtschaft wurde die Baumgrenze mit der Kultivierung der Naturlandschaft als baumfreie Weidefläche gar erst künstlich geschaffen. „Ohnehin bietet unsere Berglandschaft aufgrund ihrer Topographie wenig Potenzial für die Ausbreitung der Bäume in größere Höhenlagen“, sagt Hohenwarter. Ein Problem sieht er dahingegen in der Zunahme der langanhaltenden Wetterlagen: „Hitze-, Sturm- oder Regenperioden werden uns zunehmend ausdauernder heimsuchen und damit zu massiven Auswirkungen führen. Auch Schneebruch ist ein Thema.“
ZAMG
Die 1851 gegründete „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“ ist der staatliche meteorologische und geophysikalische Dienst Österreichs.
In Anlehnung an seine Adresse in Wien ist er auch unter dem Namen „Hohe Warte“ bekannt. Neben der Sammlung, Bearbeitung und Evidenthaltung der Ergebnisse tätigkeitsfeldbezogener Untersuchungen und zahlreichen weiteren Leistungen, bietet die ZAMG auch eine individuelle Betreuung von Bauprojekten an.